
Nach spannenden Diskussionen auf ihrer Klausur erhoffen die Seeheimer Thüringen trotz des ernüchternden Ergebnisses bei der Landtagswahl, dass mindestens vier Thüringer Abgeordnete in den Bundestag einziehen, um die Zukunft Deutschlands mitzugestalten.
„Brandenburg hat es vorgemacht, dass die SPD in einem Bundesland stark sein kann, auch wenn der Rückenwind aus dem Bund nicht optimal ist“, sagt Dr. Katja Böhler, Sprecherin der Seeheimer Thüringen.
Zugleich bleibt es für die Strömung innerhalb der SPD Thüringens ein erklärtes Ziel, ihre programmatischen Prioritäten in der Landespolitik weiter voranzutreiben. Bereits in ihrem Gründungsdokument vom Januar 2024 hatten sie die Themen Migration, Energiepolitik, Wirtschaftspolitik und Bildung als zentrale Handlungsfelder mit pragmatischen Lösungen identifiziert.
Migration als aktives Wahlkampfthema
Das Thema Migration dürfe nicht „rechts liegengelassen“ werden. Gerade weil es die Bevölkerung bewegt und Rechtspopulisten eine menschenverachtende und populistische Politik betreiben, müsse auch die SPD offensiv und vernehmbar ihre Ansichten und Lösungsvorschläge kommunizieren.
„Uns geht es um gesteuerte Migration unter Wahrung des Rechts auf Asyl, beispielsweise mit dem Modell der Future Cities, dem Aufbau von Zukunftsstädten in Entwicklungs- und Schwellenländern, getragen von der Afrikanischen und der Europäischen Union. Dazu hatten wir schon Ende 2023 einen Vorschlag unterbreitet“, erklärt Dr. Katja Böhler.
„Die strikte Abgrenzung gegenüber der AfD ist unverhandelbar“, fordert Wolfgang Tiefensee, Co-Sprecher der Seeheimer Thüringen. „Dass die CDU unter Friedrich Merz mit ihrem Fünf-Punkte-Plan Vorschläge unterbreitet, die ohne die Regierungsparteien SPD und Grüne beschlossen werden sollen, erinnert an das Vorgehen der Thüringer CDU und ist inakzeptabel. Letztendlich führt das zur Aufwertung der AfD. Die Seeheimer Thüringen fordern die CDU auf, die Anträge nicht zur Abstimmung zu stellen und zurückzuziehen.“
Etablierte Parteien sollen Karrierewege überdenken
Dr. Gatzka, akademische Rätin a.Z. an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, bescheinigt dem etablierten Parteiensystem ein funktionales Problem: Oftmals würden reine Parteikarrieren gefördert und Menschen in hohe politische Ämter gehoben, die direkt vom Hörsaal in den Plenarsaal wechseln. In der Öffentlichkeit stoße dies auf breite Ablehnung. Vielmehr würden Personen mit beruflicher Erfahrung in hohen politischen Positionen erwartet.
Probleme ansprechen, die die Bevölkerung bewegen
Horand Knaup, langjähriger Spiegel-Redakteur und Autor für Table.Media, betont die Notwendigkeit, bürgernahe Themen klar anzusprechen. In einer Diskussion mit Jana Faus von pollytix strategic research GmbH kritisierte er, dass die mangelnde Kommunikation beim Thema Migration und der Umgang mit dem Bürgergeld das Vertrauen der Bürger in die Politik nicht gestärkt habe.
Mehr Bürgerbeteiligung notwendig
Prof. Dr. Benjamin Höhne von der TU Chemnitz forderte mehr direkte Bürgerbeteiligung in Form von Bürgerräten oder einer zweiten Kammer auf Landesebene. Er stellte fest, dass die SPD bei der Landtagswahl 2024 strategische Fehler gemacht habe. Viele SPD-Wähler seien zur CDU, zum BSW oder zur AfD abgewandert. Die Partei hätte klare eigene Lösungsvorschläge für Migrationsthemen unterbreiten müssen, anstatt populistischen Narrativen auszuweichen.
Bildungsversprechen einlösen
Die Seeheimer Thüringen fordern eine bundesweite Bildungsdiskussion, die moderne Pädagogik, Förderung Benachteiligter und den Respekt gegenüber Lehrkräften umfasst. „Wer Bildung nur mit Stundenausfall, Lehrermangel und Schulsanierung verbindet, greift zu kurz“, erklärt Wolfgang Tiefensee.